FORT
The Great Await

24. Feb. – 25. März 2023
Sies + Höke, Düsseldorf

Copyright the artists; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Tino Kukulies, Düsseldorf

Ein Ei als Behausung eines brütenden Gedankens, das in einer surrealen Setzung von Möbelstücken balanciert. Währenddessen berichten Blumenbouqets von einer existentiellen Einsicht und imaginäre Raucher:innen versammeln sich für den Tod auf Raten in metallisch-glänzenden Pastelltönen. Es sind unter anderem diese zu Installationen gewordenen Bilder, die in der Ausstellung The Great Await Spuren des Wartens und Erwartens legen. Mit neuen Arbeiten, die ein besonderes Augenmerk auf die bildhauerische Praxis im Werk von FORT legen, erzählen Alberta Niemann und Jenny Kropp des Künstlerinnenkollektivs über das im Leben verankerte Entstehen und Vergehen aus der Perspektive künstlerischen Schaffens. Wie die Sandkörner in einer immer wieder rotierenden Sanduhr vermengen sich poetisch-skulpturale Schwebezustände mit objektgewordenen Motiven des Memento Mori und der Vanitas.

Gleich zu Beginn der Ausstellung begegnen die Besucher:innen überdimensional großen Eiern, die von miniaturhaften Stühlen (aus-)getragen werden, auf einem Kleiderständer Halt machen oder auf einem Hocker nisten. Das Ei steht in vielen Kulturen der Welt als Symbol für das Leben und die Geburt. In der Ausstellung nimmt es eine Doppelrolle an. Das Motiv verweist sowohl auf das der Existenz inhärente Werden als auch auf die Produktion von Kunst, oder vielmehr: das Ausbrüten einer künstlerischen Idee. So zart sich ein aufkommender Ideenstrang entwickelt, so schnell kann dieser auch wieder fallen gelassen werden und die Schale des noch rohen Eis zerbricht. Die installative Setzung der titelgebenden Arbeit The Great Await zeichnet diesen Prozess spielerisch nach und portraitiert die Entwicklungsstufen der Ideenfindung. Ins Fantastische überführt, lässt die bildhauerische Raumsituation an ein surreal- dadaistisches Szenario denken. Die von Eierschalen umhüllten Gedanken stellen Möbel auf den Kopf und setzen sich auf der bereits erwähnten Garderobe ab – in der Hoffnung – auf einen klärenden Spaziergang entführt zu werden.

Sehnsüchtig erwartet und akribisch ausgesessen erleben Künstler:innen im Laufe ihres Werdegangs zuweilen die Blütezeit ihrer Ideen. Fantasien solcher Entfaltungen spinnen Verbindungen zu den Arbeiten der Melancholia. Die Werkgruppe versammelt Gemälde von Blumensträußen aus den 1920 bis 1960 Jahren, die von bereits verstorbenen und unbekannten Maler:innen stammen. Gesammelt aus dem Konvolut bereits vorhandener Bilder wurden sie von FORT mit malerischen Eingriffen versehen, die jedoch nicht das Aufblühen der “Blütezeit“, sondern das dazugehörige Vergehen ironisch adressieren. Jeweils eine Blume im Bouquet wiederholt die Worte „I will die“ und mitunter hallt ein einzelnes „Me too“ zurück. So bündeln die Bilder einen mehrknospigen Chor aus Mohnblumen, Narzissen und anderen Blüten, die sich gegenseitig in Schönschrift ihr baldiges Verwelken zurufen. Ihren bevorstehenden Tod verkündend, vergegenwärtigen sie sich ihrer Vergänglichkeit und tun dies auch stellvertretend für ihre Urheber:innen. Es entsteht ein Zwischenraum, der noch vorhandenen Lebendigkeit der Maler:innen im Augenblick der Entstehung des Bildes, ihrem unumgänglichen Tod und dem Vanitas Motiv der Blumen. Eine transtemporale Collage, die das Künsterinnenduo von FORT nicht zuletzt zu der Frage führt, was von uns bleibt, wenn wir aus der Welt scheiden.

Zurück an den Anfang des Lebens beschäftigt sich die Arbeit CV mit der Zeit vor dem Tod. Ein Regal mit sorgfältig aufgereihten schwarzen Schnürschuhen, die von Kinder- bis Erwachsenengrößen reichen, bilden eine lineare Zeitachse, die auf das kontinuierliche Fortschreiten des Lebens hindeuten. Der Titel der Arbeit bezieht sich auf die Abkürzung des lateinischen „Curriculum Vitae“, folglich dem Lebenslauf, den wir in entscheidenden Momenten vorzeigen und dessen Planung und Verlauf das Leben maßgeblich mitgestalten. Denkt man an die Redewendung „in Jemandes Fußstapfen zu treten“ und betrachtet das immer gleiche Schuhwerk der skulpturalen Setzung, beschreibt diese auch eine Skizze eines womöglich vorformulierten Lebensweges, in den wir versuchen hinein oder eben hinauszuwachsen. Die Initialen C.V., die in die Schuhsolen eingraviert sind, verweisen daran anschließend auf die Verwobenheit der eigenen Person mit der Karrierelaufbahn – eine Verquickung, die im besonderen Maße das Leben und Schaffen von Künstler:innen betrifft. Dieser Spur folgend, schlägt die Arbeit CV* wieder einen Bogen zurück zu Fragen der Hinterlassenschaft.

Nach der ersten Konfrontation über die Zeitlichkeit des Daseins, aber auch im Gedanken daran eine Idee auch mal ruhen zu lassen, treffen sich auf der Empore die Protagonist:innen der Werkgruppe Smoker zum kollektiv beschlossenen Eskapismus. Mit dem imaginären Rauch ihrer Zigaretten vernebeln sie die Räume der Ausstellung und zerstreuen ihre Sorgen über die möglicherweise nicht eintretenden großartigen Einfälle. Ursprünglich angebracht an Gebäuden im öffentlichen Raum treten die Smoker meist funktional, unauffällig und schnörkellos als Behältnisse abfallender Asche in Erscheinung. Passend zur Verabredung quarzender Kontemplation entledigen sie sich in der Ausstellung ihrer sonst üblichen tristen Aufmachung. Denn, ganz im Sinne von FORT, die eigens für jeden Smoker individuelle Zigaretten-Embleme entworfen haben, finden sie nun Ausdruck ihrer Persönlichkeit und gesellen sich mit dem Akt des Rauchens zu den Erzählsträngen der Ausstellung über das Warten und Erwarten sowie den Zeitvertreib dazwischen.

Victoria Tarak

Copyright the artists; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Tino Kukulies, Düsseldorf
Copyright the artists; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Tino Kukulies, Düsseldorf
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Copyright the artists; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Tino Kukulies, Düsseldorf
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About FORT

FORT consists of Alberta Niemann and Jenny Kropp. Since 2008 they create installations, performances and video installations (until 2013 with Anna Jandt).

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