Fabrice Samyn
Twilight's Gaze

29. Mai – 19. Juni 2021
Sies + Höke, Düsseldorf

Copyright the artist; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Simon Vogel, Cologne
Copyright the artist; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Simon Vogel, Cologne
Copyright the artist; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Simon Vogel, Cologne
Copyright the artist; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Simon Vogel, Cologne
Copyright the artist; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Simon Vogel, Cologne
Copyright the artist; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Simon Vogel, Cologne
Copyright the artist; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Simon Vogel, Cologne
Copyright the artist; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Simon Vogel, Cologne
Copyright the artist; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Simon Vogel, Cologne

Der Dualismus der Welt und der Versuch, diesen zu verstehen, veranlassen Fabrice Samyn dazu, metaphysische Fragen zu stellen über das Wesen der Zeit, das Sichtbare und das Verborgene, das Anwesende und Nichtanwesende, die Relation zwischen der Darstellung und ihrer Bedeutung. So wie im Laufe der Jahrhunderte verschiedene philosophische Strömungen und religiöse Systeme die Grundlagen für das Verständnis von Realität und Erkenntnismethoden geschaffen haben, sucht Samyn Antworten durch sein künstlerisches Sachaffen. Der Gegenstand der Kunst sollte ewig, zeitlos und unbegrenzt sein. Zugleich ist aber seine objektive Präsenz notwendig. Wie ist es möglich die Ungreifbarkeit in einem Bild zu fassen? Welche Konsequenzen hat das für die Darstellung? Wäre das weiterhin die tatsächliche Deskription eines Gegenstands, die mit ihm in unmittelbarer Relation bliebe?

Im Jahr 2007 entsteht der Zyklus Sinai. Auf den Fotografien sieht man Gestalten, die an Berge oder Mondlandschaften erinnern. Der erste Eindruck täuscht jedoch, da es sich hier um die kopflosen Skulpturen antiker Götter handelt. In diesen Werken präsentiert Samyn nicht nur seine subtile und klare Ästhetik, er beweist zugleich seine große sprachliche Sensibilität.

Der Titel „Sinai“ bezieht sich auf den Berg, auf dem Mose die Tafeln der Zehn Gebote von Gott erhielt. Das dritte Gebot lautet (Ex 204): Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. Über Jahrhunderte wurde die Betrachtungsweise der gegenständlichen Kunst in verschiedenen Religionen durch dieses Gebot sehr strakt geprägt: von der bedingungslosen Affirmation bis zum strikten Verbot der Darstellungen. Samyn stellt schließlich die Frage: Wo befindet sich das Idol? Betrifft die Verehrung die gegenständliche oder metaphysische Ebene des Werks?

Die aktuelle Ausstellung Twilight´s Gaze ist ein weiterer Versuch, diese Frage zu beantworten. Das paradoxe Interesse, etwas darzustellen, was eigentlich im Nichtsein existiert, führt Samyn an die Grenze der Wahrnehmung von Greifbarem und Unsichtbarem. Er versucht das Wesen der Darstellung neu zu positionieren und die Balance zwischen Ikonoklasten (Bilderzerstörern) und Ikonodulen (Bilderverehrern) zu erzielen.

Die Figur des Mose kehrt in der Serie von sechs Gemälden Twilight´s Gaze zurück, die den Kern der Ausstellung bildet. Auf den Bildern ist die im Dunkeln brennende Skulptur des Mose zu sehen. Schritt für Schritt zerfallen die Figur und ihre Darstellung, so das am Ende nur eine abstrakte Silhouette übrigbleibt. Dieser gewaltige Prozess der Formdekonstruktion betont in besonderer Weise den Inhalt der Darstellung. Der kognitive Prozess wurde dadurch auf die metaphysische Ebene des Werks verschoben. Durch die Transzendenz der Form kommt es zur Vereinigung antagonistischer Ansichten über den Status des Bildes und dessen Repräsentation.

Dem Gedanken der mittelalterlichen Mystiker nachgehend, verbindet Samyn zwei gegensätzliche Paradigmen: das Reale und das Metaphysische. Die Erkenntnis ist für ihn empirisch, weil sie mit der Wahrnehmung des Gegenstands anfängt. Der nächste Erkenntnisschritt ist die abstrakte Auffassung dessen, was in dem wahrgenommenen Objekt enthalten ist. Indem die Betrachtenden von sinnlichen Bildern abstrahieren, überwinden sie das Empirische und entdecken das Wesentliche.

Durch die Dekonstruktion der Form, indem Samyn sie von der darstellerischen Wörtlichkeit befreit, werden Inhalt und Bedeutung des Werkes herangebracht und betont. Durch seine ästhetische Vorgehensweise, die die gegenständlichen und spirituellen Seiten des Werks vereint, kreiert Samyn eine gemeinsame Verständigungsebene für die unterschiedlichen Auffassungsweisen der Repräsentation. Die Verständigungsebene sollte jedoch nicht nur als ein rein theoretisches Konstrukt für die Erfassung der Aporien der Repräsentationsfragen verstanden werden, vielmehr sieht der Künstler darin eine Versöhnungsplattform für die heutigen gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Konflikte und Kontroversen, die ihren Ursprung in der Repräsentationsempfindlichkeit haben.

About Fabrice Samyn

Samyn poses metaphysical questions for the problem of representation to which the answers are sought through his conceptual art.

Artworks

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