BLINKY PALERMO

8. Okt. 2020 – 9. Jan. 2021
Sies + Höke, Düsseldorf

Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2020; Photo Simon Vogel, Cologne
Two triangles: Painted plywood and mirror laid on painted plywood
Left: 31,5 x 26,9 (a), 26,3 (b) x 3,1 cm
Right: 31,5 x 26,9 (a), 26,4 (b) x 3 cm
Edition of 30
Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2020; Photo Simon Vogel, Cologne
Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2020; Sies + Höke, Düsseldorf; Private Collection, Germany; Photo Simon Vogel, Cologne
Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2020; Sies + Höke, Düsseldorf; Private Collection, Germany; Photo Simon Vogel, Cologne
Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2020; Sies + Höke, Düsseldorf; Private Collection, Germany; Photo Simon Vogel, Cologne
Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2020; Sies + Höke, Düsseldorf; Private Collection, Germany; Photo Simon Vogel, Cologne
Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2020; Sies + Höke, Düsseldorf; Private Collection, Germany; Photo Simon Vogel, Cologne
Wall object, wood covered with nettle, painted with blue lacquer and the front surface above with turpentine thinned violet oil paint, which ran down the sides
11,5 × 8,5 × 3,5 cm
Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2020; Sies + Höke, Düsseldorf; Private Collection, Paris; Photo Simon Vogel, Cologne
Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2020; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Simon Vogel, Cologne
Two silkscreens on white Bristol board as diptych
Each 85,5 × 66 cm
Each framed 91,5 × 71,5 × 4 cm
Edition of 90
Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2020; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Simon Vogel, Cologne
Canvas on wooden box, painted black
15 × 15 × 5 cm
33 copies for the edition En Bloc of Galerie René Block, Berlin 1970
Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2020; Sies + Höke, Düsseldorf; Photo Simon Vogel, Cologne

Blinky Palermo (1943-1977) ist ein Mythos, eine tragische, viel zu früh verstorbene Kultfigur – vor allem aber ist er ein Künstler, der seiner Zeit so weit voraus war, dass sein Werk bis in die Gegenwart nachhallt, vielleicht heute mehr denn je. Palermos Arbeit lässt sich als eine europäisch-gedämpfte, zärtliche Spielart von Minimal Art und Farbfeldmalerei beschreiben, hinter der für den Beuys-Schüler aber vor allem eines steckte: Die Suche nach sich selbst. Auf den Malediven, wohin er seiner letzten Liebe hinterhergereist war, fand sie ein Ende. Blinky Palermo starb, wie er gelebt hatte: intensiv, voller Sehnsucht, die unerfüllt blieb.

Palermos Werk, das sich in nichts Geringeres als in die Tradition geometrischer Abstraktion einschreibt, ist sehr viel reduzierter und reflektierter als er selbst. Es ist voller Drei- und Vierecke sowie monochromer Flächen und Objekte, die in Form von Stoff, Holz oder Metall auf Wänden sitzen als raumgewordene Berechnungen von Punkt und Linie zu Fläche – Themen, die mit der klassischen Moderne in die Gegenwart gerückt und in New York zur Perfektion getrieben worden waren. Palermo, so könnte man meinen, kam also eigentlich etwas zu spät. Doch was er macht, ist anders als die Kunst seiner Vorläufer. Seine Arbeit ist verschmitzter und melancholischer als die theorie- und theosophiegetränkten Leinwände von Malewitsch, Mondrian und Kandinsky. Sie ist kleiner als Barnett Newman, schmuddeliger als Donald Judd, süffisanter als Brice Marden und wärmer als Ellsworth Kelly. Palermo blickt auf die Welt und die Kunst und verwandelt, was er sieht, in ein geometrisches Traumgespinst: Treppen- und Hochhäuser, Flipperautomaten, Himmel und Erde, Schmetterlinge, die blaue Blume. Ein verspiegeltes Dreieck mit schwarzem Zwilling wirkt bei ihm wie Nachtleben mit Jazzmusik, ein mehrfach übermaltes Brett wie eine verletzte Seele. Es ist eine Abstraktion, die das Erzählerische nicht verneint, sondern die die grafisch geformte Gegenwart in eine Sehnsucht einbettet, die man nur romantisch nennen kann.

Palermo, der in Leipzig geboren wird und mit seinem Zwillingsbruder in Münster bei Adoptiveltern aufwächst, studiert an der Düsseldorfer Kunstakademie im Umkreis von Sigmar Polke, Gerhard Richter, Imi Knoebel und Ulrich Rückriem. Doch sein Mentor bleibt Joseph Beuys. Dass er 1973 nach New York zieht, erscheint also wie ein bewusstes Loslösen. Inzwischen hat er an Harald Szeemanns documenta 5 teilgenommen, bald folgt die Einladung zur 37. Biennale von Venedig.
Als ihn Imi Knoebel besucht, besuchen beide die Rothko Chapel in Houston und Michael Heizers Double Negative in der Wüste Nevada. Es ist dieser Abstraktionshimmel, an dem Palermos Kunst hervorschießt wie eine Sternschnuppe. Er weiß es noch nicht, aber wenn er mit seiner nonchalanten Art die Geschichte der modernen Malerei neu erzählt, sich frech ihre bisherigen Errungenschaften aneignet, um ihr eine spielerisch-verträumte Note einzuschreiben, dann ist es diese Haltung, die spätere Künstlergenerationen von Günther Förg bis Ceal Floyer zu Palermo-Verehrern macht.

Der unstillbare Lebensdurst, der in seinem Werk zum leisen Lächeln wird, ist wegweisend für die konzeptionell verschlüsselte Suche nach der eigenen Identität und nach der Verortung in der Welt, wie sie in der Gegenwartskunst heute selbstverständlich ist. Den Seiltanz zwischen Humor und Weitblick, Unverfrorenheit und Eleganz, Zitat und Selbstbestimmtheit hat keiner so beherrscht wie Palermo.

Anfang 1976 kehrt er nach Düsseldorf zurück und folgt seiner neuen Freundin auf die kleine Malediveninsel Kurumba. Was hier geschieht, weiß niemand so genau. Nur dass seine Begleitung in der Unterkunft plötzlich einen leblosen Körper findet. Unter dem Himmel des Indischen Ozeans, fernab jeder Heimat, ist Blinky Palermos Stern verglüht. Seine Kunst aber leuchtet immer noch allen den Weg, die im Minimalismus nach Poesie und Unendlichkeit suchen.

Angelehnt an den Text von Gesine Borcherdt im Katalog, der zur Ausstellung erscheint.

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